„Ortskräfte müssen jetzt geschützt werden!“

CDU-Bundestagskandidat Klaus Mack und Landtagsabgeordneter Thomas Blenke zu Besuch bei Familie ehem. afghanischer Ortskraft.
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Bad Liebenzell. Als an dem Nachmittag der Beauftragte für Angelegenheiten der Streitkräfte der CDU-Fraktion im Landtag von Baden-Württemberg, Thomas Blenke MdL, und CDU-Bundestagkandidat für Calw/ Freudenstadt Klaus Mack zusammen mit dem Regionalbeauftragten Schwarzwald des Patenschaftsnetzwerkes Afghanische Ortskräfte e.V. und der ehem. Ortskraft Essa P. um einen Tisch in Essas Zuhause in Bad Liebenzell sitzen, können sie nur ahnen, was für eine interessante Persönlichkeit Essa P. ist.

Essa P. kam 2018 nach Deutschland, nachdem er zuvor in verschiedenen Funktionen als Ortskraft für den Geschäftsbereich des deutschen Auswärtigen Amtes in Afghanistan gearbeitet hat. Er half dabei, eine Außenstelle eines Generalkonsulates aufzubauen und sah sich stets als Brücke zwischen den deutschen Diplomaten und den afghanischen Regierungsvertretern. Doch mit dem Ende des ISAF-Einsatzes am 31.12.2014 änderte sich seiner Einschätzung nach auch die Sicherheitslage. „Die Taliban schienen sich schon damals darauf vorzubereiten, das Machtvakuum wieder zu übernehmen.“, so Essa. Eines Tages wurde das Auto einer seiner Übersetzerfreunde gesprengt, bei dem der Freund, auch eine Ortskraft der Deutschen, starb. „Mitten in der Nacht riefen die Taliban bei uns an und ich wusste nicht, ob ich morgen früh noch am Leben sein würde.“, berichtet Essa vor Blenke und Mack. Mittlerweile ist Essa einer von sechs Ortskräften im Landkreis Calw.

Lucas Wehner vom Patenschaftsnetzwerk Afghanische Ortskräfte e.V. berichtet, dass er aktuell täglich E-Mails von ehem. Ortskräften und Unterstützern bekäme, welche entweder Hilfe suchen oder anbieten würden. „Aktuell wurden 2.851 Visa für ehem. Ortskräfte und ihre Familien erstellt, aber wir scheinen auch noch ca. 1.600 Personen in Afghanistan zu haben, bei denen noch kein Visaprozess begonnen wurde.“, so Wehner und führt fort: „Mittlerweile empfehle ich ehem. Ortskräften, ihre Familien aus gefährdeten Gebieten zu evakuieren und zunächst nach Kabul zu reisen.“ Dort kümmert sich ein Büro der Internationalen Organisation für Migration (IOM) um den Visaprozess. Deshalb habe das Patenschaftsnetzwerk zunächst aus privaten Geldern drei Schutzhäuser für 340 Personen in Kabul angemietet. Ein drittes Haus wird in den kommenden Tagen angemietet.

Auch Essa berichtet davon, dass Freunde sich bei ihm meldeten und von der Bedrohung durch die Taliban berichteten. Mittlerweile befinden sich fast 65% des Gebietes Afghanistans unter der Kontrolle der Taliban. Für Wehner, der 2010 für die Arbeitsgruppe Auswärtiges der CDU/CSU-Bundestagsfraktion unter anderem an der Erstellung der Afghanistan-Dossiers beteiligt war, ist das ein Rückschlag. Ihm persönlich tut es für all die Menschen leid, die am Hindukusch auf einem stabilen Weg waren. „Vor Jahren führten wir noch an, dass wir uns am Bau von 2.000 Schulen für 500.000 Kindern beteiligten, dass sich die schulbesuchenden Kinder verfünffachten, dass sich die Bildung für Frauen und Mädchen geöffnet hat, dass die Kindersterblichkeit um 50% gesenkt werden konnte und 280.000 Kleinunternehmen mit Mikrokrediten gefördert werden konnten – diesen Aufbau für die Afghanen sehe ich nun bedroht.“, sagt Wehner.

 Thomas Blenke und Klaus Mack sind sich einig, dass den ehem. Ortskräften in Deutschland Schutz gewährt werden muss. „Die Ortskräfte haben unsere Soldaten, unsere Polizeiausbilder, unsere Diplomaten und unsere Entwicklungsmitarbeiter bei ihrer täglichen Arbeit als Übersetzer, Sicherheitsmitarbeiter und Lager- und Baumitarbeiter unterstützt und dabei oft auch ihr eigenes Leben riskiert. Es ist unsere Pflicht, diese Menschen nicht allein zu lassen und ihnen aufgrund ihrer Arbeit für Deutschland jetzt Schutz zu gewähren.“, sagt Klaus Mack. Mack finde es deshalb richtig, dass sich bereits der menschenrechtspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Michael Brand zusammen mit den menschenrechtspolitischen Sprechern anderer Parteien in einem Brief an die Bundeskanzlerin gewandt hat, um den Schutz für die Ortskräfte zu erbitten.

Weiterhin ist Mack erleichtert, dass die Bundesministerin der Verteidigung, Annegret Kramp-Karrenbauer, kürzlich intern mit den betroffenen Ministerien vereinbart habe, das normale Visa-Verfahren so umzustellen, dass sich ehem. Ortskräfte auch bei Ankunft auf ein Visum bewerben können. Das ist auch für Thomas Blenke eine gute Nachricht, der als baden-württembergischer Streitkräfte-Beauftragte fragt, wer sonst zukünftig noch mit deutschen Behörden im Ausland zusammenarbeiten wolle, wenn die Ortskräfte nicht geschützt würden. Auf die Frage Blenkes, ob Essa sich denn nun hier in Deutschland sicher fühle, sagt der Afghane: „Ja! Ich habe ein gutes Zuhause, eine Arbeit, ich lerne weiter Deutsch und Unterstützer wie Lucas im Patenschaftsnetzwerk Afghanische Ortskräfte waren wie eine Vogelmutter, die ihren Küken hilft zu fliegen.“

Hintergrundinformationen:

Das Patenschaftsnetzwerk Afghanische Ortskräfte e.V. besteht seit 2015 und unterstützt ehemalige Ortskräfte in Deutschland. Aktuell sind ca. 1.800 ehemalige Ortskräfte und ihre Familien in Deutschland, um die sich eine kleine Anzahl von Freiwilligen des Patenschaftsnetzwerks kümmert. Aktuell hat der Verein 107 Mitglieder, darunter namenhafte Generäle a.D. der Bundeswehr. Schirmherr ist der Generalinspekteur der Bundeswehr. Der Verein erhält keinerlei staatliche Zuschüsse und finanziert sich ausschließlich über Mitgliedsbeiträge und Spenden.